Wenn zwei Menschen aufeinander treffen, denen beiden das Wohl der Tiere sehr am Herzen liegt, dann kommen meistens sehr interessante Gedankengänge und Gespräche dabei heraus.
Wir möchten unsere Gedanken und Erfahrungen zum Thema „Zeit bei und mit dem Tier“ mit euch teilen.
Ein „Zeitfenster“ ist etwas für den Menschen, Tiere machen sich darüber keinen Kopf. Genau wie wir, haben sie jedoch gute und schlechte Tage, dies gilt es zu berücksichtigen
Tiere nehmen jede kleine Bemühung unsererseits sie zu verstehen und ihren Bedürfnissen nachzukommen wahr, und nehmen dies dankend an.
Bewusst beim Tier zu sein heißt auch sein Herz zu öffnen und genau hinzufühlen.
Eine Gabe die ein jeder von uns in sich trägt, die im hektischen Alltag jedoch meist verloren geht.
Christa:
Als ich vor einiger Zeit mit Sonja Mulde von „Dein Tiergespräch“ sprach, kamen wir immer wieder zum gleichen Thema zurück.
Im Zusammensein und dem Umgang mit Tieren ist es gut auch mal weniger zu planen.
Wir haben kurzer Hand beschlossen, dass wir unsere Gedanken und Erfahrungen mit euch teilen möchten und hoffen, dass wir mit unserem Geschriebenen einigen von euch helfen können zwischendurch ein paar Gänge zurück zu schalten und das um euch herum bewusster und freudiger wahrnehmen könnt.
Uns ist aufgefallen, dass wir Menschen uns mit unserem „Ablaufplan“ in vielen Lebenssituationen immer wieder selbst im Weg stehen. Es gibt natürlich Situationen und Umstände wo ein guter „Ablaufplan“ äußerst hilfreich und sogar erleichternd sein kann. Leider wird aus diesen nützlichen Plänen allerdings auch oft ein „planlos verplant“ wobei wir einfach schlicht weg den Überblick verlieren und uns auch noch selbst im Weg stehen.Wir verlieren dabei die Fähigkeit Dinge so hinzunehmen wie sie halt sind und noch viel schlimmer ist, dass wir durch Nichteinhaltung der Pläne gefrustet werden können.
Nehmen wir das Beispiel des abendlichen Spazierganges mit dem Hund oder den abendlichen Besuch beim Pferd. Wir haben uns z.B. ein Zeitfenster von 2 Stunden gesetzt. Feierabend um 17 Uhr. Nach Hause und umziehen 18 Uhr. Um 20.30 Uhr wollen wir wieder zu Hause sein, um unseren Tag zu Hause ausklingen zu lassen. Nun kommt uns aber der Berufsverkehr oder eine Streckensperrung der Bahn in die Quere.Wir sind genervt, die eigens gesetzte Deadline schwindet davon…
Was passiert?
Eventuell entscheiden wir uns dafür, dass z.B. das Pferd heute ohne uns auskommt oder wir ziehen unseren Plan durch.Wenn alles gut läuft schaffen wir es auf Krampf unserem Plan nachzukommen ohne weitere Überraschungen, wie zum Beispiel eine völlig überfüllte Reithalle oder Starkregen, der das Ausweichen auf den Reitplatz verhindert.
Doch zu welchem Preis?
Die kostbare Zeit beim und mit dem Tier wird zu einem Wettlauf mit der Zeit.
Wir sind gestresst und können gar nicht mehr mit dem Herzen beim Tier sein.
Unser Ärger über die eigene Situation bekommt unser Tier unvermeidlich zu spüren, dies kann zu unruhigem Verhalten wie Tänzeln, Unaufmerksamkeit und eventuell sogar Beißen, Bocken und Steigen führen, da die Situation für das Tier einfach nur Flucht heißt.
Tiere können mit solchem „Zeitdruck“ des Menschen schwierig bis gar nicht umgehen. Es kommt zu sogenannten „Verhaltensstörungen“ und im schlimmsten Fall kann der aufgenommene Stress des Menschen sogar krank machen.
Aber keine Sorge, es gibt Wege eurem Tier diesen Stress zu ersparen. Ein wichtiges Stichwort hierfür ist die „Entschleunigung“.
Wir geben euch am Ende noch Tipps, wie Ihre solche Situation besser meistern bzw. ganz vermeiden könnt.
Sonja:
Aus der Sicht der Tiere die ich hier etwas ergänzen möchte, kommt es eben oft gar nicht darauf an was der Mensch geplant hat, sondern eher, dass er da ist. Und im Bestfall ist man mit sich im Einklang und „innerlich sortiert“. Also mit den Gedanken ganz klar beim Tier. Wie wichtig „nur“ Körperkontakt ist und wie oft einfaches Putzen oder Massieren zur Bindung beiträgt, darf ich immer wieder aus tierischer Sicht erfahren. Denn vielen Tieren ist es nicht wichtig, wie hoch sie springen oder wie schnell sie laufen können als Beispiel. Das ist den Menschen wichtig, Erfolg zu haben, Ziele zu erreichen, immer besser zu werden, einen vielleicht vorgefertigten Plan zu erfüllen. Aber warum? Und läuft der Plan konform in Zusammenspiel mit dem Tier? Ein tierisches Vorhaben ist es jedenfalls nicht, etwas zu werden, sondern einfach nur zu sein. Wenn wir uns öfter von dem großen Druck und der wilden Planerei verabschieden und mehr der Einladung folgen, mit den Tieren einfach nur zu sein, kann das für beide Seiten mehr Gelassenheit bringen.
Hier möchte ich ein eigenes Beispiel nennen, wie mein Tier meine Erledigungen/Pläne empfand. Mein Hund Napoleon (Nappi) sagte in einem Gespräch letztes Jahr unter anderem zu mir: …“du hast mich gefragt wie es mir gefällt im Auto mit zufahren, wenn du Besorgungen machen musst. Nun, ich bin älter geworden und so langsam habe ich keine Lust mehr im Auto auf dich zu warten und auf das ständige Ein-und Aussteigen deinerseits. Ich würde lieber zu „Herrchen“ in die Firma und mich dort in Ruhe hinlegen“… etc.
Seit dem Gespräch nimmt mein Mann Nappi direkt morgens mit in unsere Firma. Mein Empfinden, möglichst viel zu schaffen mit oder trotz „Hund an Bord“, ist nicht mehr im Sinne meines Hundes. Dies respektiere und berücksichtige ich von Herzen gern.
Die Zeit die Pferdebesitzer bei ihrem Tier verbringen ist im Gegensatz zum Hund, meist kürzer bzw. anders. Beim Pferd verbringen wir ca. 1-4 Stunden pro Tag oder sind dort paarmal die Woche (individuell). Aber auch hier ist es so, unser gestresster oder voller Alltag, ist ihre Zeit mit uns. Die paar Stunden die wir bei ihnen sind, sollten wir uns intensiv & bewusster nehmen. Denn sie merken, wenn wir zwar da, aber nicht da sind.
Fazit, aus vielen Tiergesprächen geht eins immer wieder hervor:
„Wenn mein Mensch nicht wirklich bei der Sache ist, bin ich es auch nicht richtig. Da freut man sich das er/sie kommt und dann ist er/sie mit den Gedanken völlig woanders und abgehetzt“…
So und so ähnlich höre ich es immer wieder.
Echte Anwesenheit bedeutet für Tiere eben nicht nur die körperliche, sondern die „vollkommende“. Körper, Geist und Seele.
Wie stark unsere Gedanken und Gefühle auf ein anderes Wesen wirken, ist enorm. Stimmungen übertragen sich, spannen sich an oder entspannen sich in Sekunden. Konzentrationsschwäche, Unruhe, aber auch Freude und gute Laune etc. All diese wenigen Beispiele sind Stimmungsträger. Und wenn ein Pferd aus seiner Sicht ein schlechten Tag hatte und wir Menschen mit unserem gestressten und vollen Tag zu ihm kommen, kann sich so eine Stimmung schon mal sekundenschnell entladen. Nun gilt in manchen Fällen z.B. das Pferd als ungehorsam und der Mensch fährt noch gestresster nach Hause. Es ist ein Kreislauf und viele Tiere ertragen stumm solche und ähnliche Situationen, versuchen dennoch aufmerksam zu machen in ihren Möglichkeiten und werden oft nicht erhört, gesehen oder ernst genommen.
Das zeigt sich immer wieder in Tiergesprächen und ist eine der wichtigsten Botschaften überhaupt: Zuhören und echte Zeit nehmen und auch, flexibel zu bleiben. Dass schafft Gelassenheit und reduziert Stress letztendlich für beide Seiten.
Christa:
Das kann ich aus Trainersicht nur bestätigen.
Ich hatte mal ein Kundenpferd, welches beim Menschen so unter Anspannung stand, dass es sich einfach nicht entspannen und lösen konnte. Dies ging nun laut Besitzerin seit circa zwei Monaten so. Vorher war alles bestens gewesen. Gesundheitlich war alles mehrfach überprüft wurden, sowohl vom Tierarzt, wie auch vom Osteopathen, Sattler, Hufschmied und Tierheilpraktiker. In der Haltung, der Herde und dem Futter hatte sich auch nichts verändert. Mit der Hilfe von Atemübungen und einfachen Führübungen konnte ich mit dem Pferd für seine Verhältnisse entspannt arbeiten und sogar etwas Freiarbeit machen. Sobald die Besitzerin dazu kam wurde das Pferd allerdings wieder unruhig. Beim tieferen Gespräch mit der Besitzerin kam heraus, dass sie aus verschieden Gründen nur noch unter hoher Anspannung stand und sich ihrer Umwelt gegenüber verschlossen hatte. Es war ihr überhaupt nicht möglich wirklich beim Pferd zu sein, da ihr Alltag ihr so schwer auf den Schultern lag. Nachdem sie darüber gesprochen hatte ging es ihr besser und mit ein paar Übungen für sich selbst, kehrte die alte Harmonie zwischen den beiden zurück.
Es kommt leider sehr häufig vor das Menschen (mich eingeschlossen) vollgepackt sind mit dem Ballast des Alltags. Das ist auch kein Wunder.Im Job wird allzu oft wahnsinnig viel von uns abverlangt.Dann noch das Privatleben wo es auch nicht immer rund läuft.
Und die Hobbys, wo bleibt eigentlich die Zeit für die Hobbys?
Die quetschen wir in ein so knappes Zeitfenster, dass das Hobby welches eigentlich als Erholung, zum Spaß und zum Akku aufladen gedacht war, zur absoluten Tortur wird.
Wenn an dem Hobby jedoch ein Tier beteiligt ist, geht es auch um das Wohlbefinden des Tieres, dass sollten wir uns immer wieder vor Augen führen.
An einigen von diesen Faktoren können wir wenig bis gar nichts ändern. Was wir ändern können ist unsere Herangehensweise.
Hierzu ein paar Tipps:
Tipp 1:
Es wäre doch schon mal ein Anfang, dass Zeitfenster für unser Hobby und die Zeit mit unseren Tieren zu erweitern.
Die knappe Zeit die wir bei und mit unseren Tieren haben ist wesentlich intensiver für beide, wenn wir in dieser Zeit wirklich voll und ganz beim Tier und der Umgebung sind.
Natürlich kommt es auch mal vor, dass wir nicht alleine mit dem Tier sind. Wenn das eigene Kind, Verwandtschaft oder Freunde dabei sind, hilft es dem harmonischen Beisammensein je nach Gemütszustand, die „Besucher“ teilhaben zu lassen. Zum Beispiel bei einem gemeinsamen Spaziergang. Wir sind dann zwar nicht voll und ganz beim Pferd/ Hund, doch es ist für alle Beteiligten viel angenehmer wie ein strikt durchgeführter „Plan“.
Schaffen wir es uns etwas mehr Zeit zu nehmen, ist es auch einfacher für uns Änderungen im Ablauf anzunehmen. Wir sind dann gelassener und können somit auch gelassener reagieren. Vielleicht möchte der Hund mal einen neuen Weg ausprobieren oder das Pferd zeigt beim Putzen das es Rückenschmerzen hat.
Mit einem größeren Zeitfenster halten wir uns die Möglichkeit, einen neuen Weg zu erkunden und das Pferd mit Auflockerungen vom Boden oder auch falls möglich Entspannungsmassagen zu verwöhnen (bitte nur wenn erlernt oder nach Absprache des behandelnden Tierarztes), offen. Schon 10 Minuten mehr Zeit können sehr hilfreich sein.
Tipp 2:
Was mir selbst und vielen meiner Kunden hilft, ist die Aktenkoffer Methode. Stellt euch einen Aktenkoffer vor, gestaltet ihn wie ihr möchtet, vielleicht ist es auch ein Karton im Kofferraum eures Autos oder eine Handtasche, what ever….dieser Gegenstand ist die Aufbewahrung für euren Stress, eure Sorgen, eure Bedenken, den großen Papierstapel auf dem Schreibtisch, den nicht erledigten Abwasch usw..
Bevor ihr zu eurem Pferd geht, packt ihr alles was euch daran hindert neutral und frei beim Pferd zu sein, in diesen Koffer. Wirklich bildlich hereinlegen und gut verschließen!
Dann atmet ihr ein paar Mal tief ein und aus, wirklich tief bis in den Bauch hinein und versucht dabei eure Atmung bewusst wahrzunehmen. Gelingt euch das, so versucht eure Umgebung mit allen euren Sinnen wahrzunehmen.
Diese Übung dauert ca. 10 Minuten und lässt euch viel entspannter, bewusster und neutraler beim Pferd sein.
Fällt es euch an einigen Tagen noch schwer euren Ballast abzulegen, so seid ehrlich zu euren Tieren und teilt Ihnen euren Gemütszustand mit. Es ist völlig okay einen sch…. Tag zu haben und erfahrungsgemäß gehen die Tiere damit besser um wenn wir authentisch mit Ihnen sind.
Tipp 3:
Zeit mit eurem Tier ohne eine Erwartung zu haben.
Schaut wozu es Lust hat. Vielleicht möchte es einfach ausgiebig geputzt werden, das entspannt auch uns Menschen sehr. Vielleicht möchte es toben und frei über die Wiese laufen. Vielleicht möchte es ausgiebig gekrault werden. Vielleicht habt ihr mal einen Massagekurs besucht und könnt euer Tier mit einer Massage verwöhnen.
Ohne Erwartung Zeit mit und beim Tier zu verbringen ist zwischendurch sehr befreiend und fördert eine harmonische Beziehung.
Sonja:
Ein kurzes Beispiel möchte ich an dieser Stelle noch nennen, weil es Tieren eben auch vermehrt auffällt. Man hat sein Handy heutzutage meist immer dabei. Wie viel wir damit tatsächlich zugange sind im Alltag, ist vielen vielleicht gar nicht so bewusst. Es ist natürlich eine Sicherheit z.B. im Gelände beim Ausritt es dabei zu haben, falls etwas ist. Aber nur um schnell auch zwischendurch drauf zu gucken „wer schreibt oder postet gerade“, das ist eine Ablenkung von- wirklich da-sein. In der Reithalle beim Reiten wird nebenbei noch über Ohrstöpsel Musik gehört.
Wie echt ist also die Zeit und das Verbringen von Zeit miteinander?
Das gilt für Mensch/Mensch und Mensch/Tier –Beziehungen gleichermaßen. Hören wir unserem gegenüber wirklich aufmerksam zu?
Oder wird alles nur schnell „abgearbeitet“ um hinter sein- to do für heute- einen Haken machen zu können.
Das Handy ist hier nur ein Beispiel, aber eben oft für unsere fehlende Konzentration und Aufmerksamkeit verantwortlich. Ein Hund hat mal zu mir im Gespräch gesagt:
"… wie kann ein so kleines Ding so viel Aufmerksamkeit bekommen, es atmet ja nicht mal. Was tut es für sie, was tut es für mich? Ich sehe da im Moment wenig Vorteile. Es lenkt sie ab. Sie möchte mit anderen kommunizieren? Dann lade ich sie ein, es auch mit mir zu tun. Ich bin übrigens der, der zu ihren Füßen läuft und die ganze Zeit zur Verfügung steht."
Oftmals wissen wir das meiste ja schon selbst, aber die Umsetzung ist so schwer. Die Ablenkungen sind groß, der Alltag oft beschwerlich und man ist müde. Sich intensive, echte Zeit zu nehmen und locker zu bleiben klingt auch anstrengend irgendwie.
Es gibt auch hier keinen Plan A der für jeden passend ist, da alle individuell sind. Es gibt aber bestimmt kleine Möglichkeiten, sich das Bewusste bewusster zu machen. Das kann einfach nur sein, paarmal tief ein und auszuatmen bevor man z.B. aus dem Auto steigt und sein Tier/Mensch begrüßt. Es sollte für einen selbst machbar sein und sich eben stimmig & leicht anfühlen. Denn:
Je achtsamer wir mit uns und Zeit umgehen:
Für die Tiere bedeutet dies unter anderem:
Sonja und Christa:
Es kommt nicht darauf an sich jetzt einen Plan zu machen, damit man sich keinen Plan mehr macht. Sondern vielmehr ist es das Aufzeigen und selbst erkennen, wo man sich selbst den Stress macht. Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr unseren Artikel als Anregung nehmt und wir uns alle immer wieder mal überdenken und reflektieren im Sein und Handeln, aus Liebe zu unseren Tieren!
Herzlichst Christa & Sonja
In Zusammenarbeit mit Sonja Mulde